Maria Moritz‘ malerische Praxis fokussiert sich auf die Artikulation eines Zwischenraums, in dem unsere Wahrnehmung gleichermaßen affiziert und irritiert wird. Zwar ist es möglich, Orte, Gegenstände, Lebewesen und Situationen zu erkennen, eine lückenlose Interpretation ihrer Werke auf Basis der Sujets gestaltet sich jedoch schwierig. Was sich vielmehr aufdrängt, ist ein Nachdenken über die Malerei an sich und ihr Potential, Uneindeutigkeit zu produzieren sowie einen Blick in eine Bildwelt über die Mimesis der Wirklichkeit hinaus zu ermöglichen. Die Ausstellung Teaser greift diese künstlerische Verortung im Dazwischen auf – als Spannungsmoment zwischen Entblößung und Zurückhaltung, tiefer Vertrautheit und fast surreal anmutender Fremdheit, die den Werken etwas Unheimliches zu Teil werden lässt.
Die Werke Mühlgasse 8, Haardtring 15, Elbestraße 41, und Elbestraße 20 ließen sich lose als eine Serie begreifen, die ausgehend vom Interieur des Schlafzimmers die Leinwand als Projektionsfläche unterschiedlicher Sehnsüchte und Ängste erforscht: Moritz‘ Betten sind sind zwar leer, die zu organischen Wülsten verknoteten Bettdecken scheinen in ihrer fleischigen oder grünblauen Farbigkeit jedoch wie eine vage Erinnerung an vergangene, darin verweilende Körper. Die Tapete eines Sonnenuntergangs suggeriert die Möglichkeit eines paradiesischen Anderswo im beschränkten Privaten, während die malerische Fläche eines aufgewühlten Lakens als voyeuristischer Imaginationsraum fungiert – was wohl davor geschah? Oder noch geschehen wird? Vor allem in Haardtring 15 treibt Moritz dieses Vermögen, malerisch über ein so emotional wie gesellschaftlich besetztes Motiv wie das Schlafzimmer, Unbewusstes auszuloten, an ein kritisches Spannungsmoment. Im Gegensatz zu dem lebensweltlich noch identifizierbaren Elbestraße 41 verläuft das nicht mehr räumlich klar abzugrenzende Bett nach unten ins Nichts. Das obere Ende des Gegenstands scheint vor dem pinken Hintergrund zu glühen. So wird der private Raum wider seiner sozialen Entsprechung zur dramatisch aufgeladenen Bühne, auf der eine zusammengeknüllte Decke wie ein bemitleidenswertes Wesen à la Francis Bacon dem Publikum zur Schau gestellt wird.
Diese ungeschützte Bloßstellung des Bildsubjekts wird im Selbstportrait not inward, not close noch ein Stück weitergetrieben und zeigt die Künstlerin als zwischen Kissen gequetschten, schwebenden Kopf vor gelbem Hintergrund. Ihre Augen rollen sich geradezu besessen in den Kopf. Die Figur scheint dem physischen Druck kaum standhalten zu können und gibt sich, mit versteinerter Miene, der Bewegung im Bildraum hin. Die Kräfte, die auf sie Einwirken, lassen sich dabei nur erahnen. Sind es die Kehrseiten des Kunstbetriebs und die Erwartungen eines anonymen Publikums, die untrennbar mit dem eigenen Anspruch verschmelzen?
Während die Serie der Schlafzimmerinterieurs sowie das Selbstportrait den Titel der Ausstellung, Teaser, als assoziativen Raum von Versprechungen, Zuschreibungen und Erwartungshaltungen aufgreifen, zeigt Untitled (sssss) uns einen konkreten Akteur als lockende, verführende Instanz. Eine Schlange bewegt ihre Zunge in Richtung eines Ohres, das den Fluchtpunkt des Gemäldes bildet. Das akkurat drapierte Haar der anonymen Figur verläuft in harter Kante zu ihrem Hals, sodass eine wirklichkeitsgetreue Körperlichkeit zu Gunsten der Form als Form negiert wird. Durch seine Zentrierung wird das Ohr als ein zu deutendes Symbol präsentiert, das durch seine Verbindung mit der Schlange, den Akt der (teuflischen) Verheißung selbst thematisch werden lässt. Untitled (sssss) eröffnet dabei, über die Interpretation des Visuellen hinaus, einen Raum auditiver Imagination – Möchte sie verführen, manipulieren oder ins Gewissen reden? Macht sie falsche Versprechungen oder sich womöglich über uns lustig? Welche Worte verbergen sich wohl im Züngeln der Schlange, diesem Mischwesen aus Es und Über-Ich, das auf der Schulter sitzt? Eine Frage, die sich, so wird in Maria Moritz‘ Arbeiten trotz ihres malerischen Autonomieanspruchs immer wieder deutlich, nie ohne ein Verhältnis zu den jeweiligen Betrachter*innen beantworten lässt.
Emily Nill